Echte Ossis

Der Kuhdamm in Salzwedel ist etwas weniger etepetete als der ohne „h“ im Namen. Er steht nicht für den Kurfürsten, sondern tatsächlich für Kühe, die auf diesem Weg immer noch nach außerhalb der Stadt zu den Salzwiesen transportiert werden, wo man sie auf den ausgedehnten Flächen grasen sieht. Bevor man die Stadt jedoch im Rücken hat, muß man sich auf dem Kuhdamm durch eine von Salzwedels vielen Schrebergartenanlagen bewegen. Diese scheint ein Refugium für sich zu sein. Über so manchem Grundstück thronte die Fahne mit dem Hammer und Zirkel im Ährenkranz. Über einem anderen stand flatternd im Wind der bekennende Schriftzug: „Ich bin ein echter Ossi“.

 

Wer geglaubt hat, die DDR sei untergegangen, wird hier eines schlechteren belehrt. Man könnte meinen, so nah an der Grenze sei hier immer noch Sperrzone und nur die linientreuesten Bürger dürften sich auf ihrer Parzelle dem Gärtnerglück hingeben, immer gewiß, daß der ABV gegen Sonnenuntergang nochmal seine Kontrollrunde dreht. Auf einem Grundstück meinte ich sogar, die Zeichen der Volkspolizei auf dem Fahnentuch erkannt zu haben. 

 

Unter der gehissten Flagge trimmte ein braungebrannter Mitsiebziger seinen Rasen, während die Gattin in den Blumenrabatten für Recht und Ordnung sorgte. Ein Jugendlicher zog an mir mit seiner Simson vorbei. War ich aus Versehen durch ein Wurmloch getreten und vierzig Jahre zurückgereist? Als ich einen Nebenweg einschlug, stand ich unversehens vor einem abgeparkten W50.

 

Da kann es natürlich nur folgerichtig sein, wenn auf dem Oldtimertreffen zum Salzwedeler Hansefest auch ein Trabant des Typs Kübelwagen samt Hoheitszeichen der DDR nicht gefehlt hat. Als alter Militarist habe ich mich gleich dazu gestellt und ein Foto von meiner Freundin schießen lassen. Ein NVA-Stahlhelm auf dem Kopf hätte natürlich besser gepaßt, aber mein Fahrradhelm tut es zur Not doch auch.


 

 

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Besuch der katholischen Freundin

Abschied

Tierpark