Besuch der katholischen Freundin

Könnte es eine größere Romantik in Salzwedel geben, als miteinander ein Schüsselchen Altmärkische Hochzeitssuppe zu essen? Na gut, einen Tiegelbraten essen vielleicht noch oder Zungenragout. Nach 23 Jahren Beziehung kann die Romantik durchaus eine kräftige Grundlage vertragen. 

Merke! Wer nach Salzwedel kommt, sollte sich, seinem und seiner Liebsten etwas gönnen und der Filiale der Fleischerei „Kuhlmann“ einen Besuch abstatten, um diese Köstlichkeiten im Glas als eine Form der kulinarischen Beziehungsarbeit allabendlich von Herzen aufzutischen (zu finden unter der Adresse: Vor dem Neuperver Tor 15, nicht zu verwechseln mit dem Neuperversen Tor).

Während wir genießen, dringt allerdings ein akustischer Wermutstropfen an unser Ohr, ausgehend von dem an diesem Wochenende stattfindende Hansefest, genauer, ausgehend von der auf dem alten Burggelände errichteten Bühne eines Senders, der in Sachsen-Anhalt für die Musik ungefähr das darstellt, was die AfD für die Politik bedeutet, nämlich Radio Brocken mit den besten Hits der achtziger und neunziger Jahre. Freunde von Modern Talking und DJ Bobo können ein Lied davon singen. Um meinen Dokumentationspflichten nachzukommen, habe ich mich dann nochmal aufgerafft und den Ort der musikalischen Notzucht aufgesucht. 

Auf der Bühne stand ein hart animierender Radiomoderator des besagten Senders und rief ins Mikro: „Salzwedel, geht’s euch gut“. Doch Salzwedel hatte gerade überhaupt keine Lust zu antworten. Wer wollte es der Hansestadt verübeln? Kurz danach trat das Highlight des Abends auf, ein Nena-Double, das dann bei seiner Publikumsansprache Salzwedel mit Stendal verwechselte, was gleich für die passenden Sympathiewerte sorgte. Bei neunundneunzig Luftballons entfernte ich mich wieder vom Platz wie ein Luftballon im Abendwind. Denn zu Hause wartete meine katholische Freundin auf mich und eine ganz besondere Attraktion: ein Glühwürmchen hatte sich in den Hof verirrt. Das Ereignis habe ich filmisch zu erfassen versucht. Wenn man genau hinschaut, sieht man es vielleicht.  


 

                                           Copyright: Peter Berg
 

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